Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem großen Konzertsaal. Die Stimmung ist erwartungsvoll. Alles schaut auf die Musiker*innen des Orchesters. Der Dirigent kommt auf die Bühne. Es wird applaudiert und er verneigt sich kurz. Dreht sich um, hebt den Taktstock, sieht alle Orchestermitglieder an und dann geht es los.
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Die Musik beginnt und brandet durch den Saal. Geigen jubilieren, Waldhörner tönen hell und die Pauke schlägt im Takt. Das tiefe Singen der Chelli begleitet die furiosen Klänge. Das Crescendo steigert sich, das Tempo nimmt zu und alle Klänge verschmelzen. Es ist kaum noch auszuhalten, so durchströmt einen jeder Ton. Plötzlich kommt mit einem letzten Akkord der erste Satz des Stückes zum Ende.
Stille.
In dieser Stille schwingen die Töne innerlich nach. Geben ein Echo in uns ab. Verströmen ihre Klänge. Wie ein Teich, in den man einen Stein geworfen hat, ziehen die Wellen ihre Kreise. Werden langsamer und leiser. Bis die Oberfläche wieder vollkommen ruhig ist.
Was passiert in uns in diesen Minuten, in denen es still ist und die Musik in uns nachklingt? Wir können sie noch spüren und nehmen die Wirkung wahr die sie auf uns hat. Was sie mit uns macht. Wie wir in Resonanz gehen mit ihr.
Auch die Pause gehört zur Musik.
(Stephan Zweig)
Sie fragen sich was das jetzt alles mit Redenhalten zu tun hat? Das ist leicht beantwortet. Reden ist ebenfalls Klang. Klang der im besten Fall etwas mit uns macht. In Resonanz geht mit uns. Wirkung auf uns ausübt. Etwas in uns auslöst.
Klang braucht Raum zum Wirken
Diese Wirkung kann sich nicht wahrhaft entfalten, wenn Sie zuhören. Sie wird sich in der Stille entfalten, wenn Sie über die gehörten Worte nachdenken. Sie einsickern lassen.
Wir brauchen deswegen Pausen in Reden, um zu verstehen, was wir gerade gehört haben, unsere Gedanken wahrzunehmen, zu spüren ob wir damit einverstanden, irritiert, erfreut, verärgert, neugierig sind.
Ohne Pause sind wir erschöpft
Jemand der wie ein Maschinengewehr ohne Pause redet, lässt uns erschöpft zurück. Wie können wir einem steten Redefluss folgen, der nicht zulässt, dass wir das was wir hören abgleichen mit dem, was bereits in uns vorhanden ist?
Wie können wir auf diese Weise Neues erfassen? Einen Gedanken ausprobieren, den wir in dieser Art noch nicht gedacht haben? Uns eine eigene Meinung bilden?
All das erfordert, dass ich während des Zuhörens Ruhepausen bekomme. Kurze Momente in denen ich nachsinnen kann. So kann ich mir das Gehörte zu eigen machen.
„Aber ich trau mich nicht, Pausen zu machen…“
Viele Redner haben Angst davor in ihrer Rede Pausen zu machen. Stille ist ihnen unangenehm und sie versuchen sie zu vermeiden. Ein weiterer Grund ist, dass in den meisten Reden zu viel untergebracht wird.
Es soll nichts Wichtiges vergessen werden, alles soll dem Publikum präsentiert werden und da bleibt keine Zeit für Pausen.
Lassen Sie uns an dieser Stelle kurz inne halten und darüber einen Moment nachsinnen, wie Sie möchten, dass es Ihrem Publikum NACH Ihrer Rede geht.
Wie soll es Ihren ZuhörerInnen nach Ihrer Rede gehen?
Möchten Sie es erschöpft vom Zuhören nach Hause schicken? Voll bis oben hin mit Fakten, Anekdoten, Argumenten, Zahlen und Daten? Wie eine Weihnachtsgans gestopft? Wie geht es Ihnen wenn Sie nach dieser Art von Vortrag von Ihrem Sitz aufstehen?
Wenn Sie wie die meisten Menschen sind, ist das kein Gefühlsszenario das Sie mögen. Die Angst Wichtiges zu vergessen, wie oben angeführt, ist eine der Ursachen, dass es zu diesen maschinengewehrartigen-vollstopfenden Reden kommt.
Die Angst nach außen nicht als Experte auszusehen, nicht gut genug zu sein, wenn nur wenige Argumente und Punkte genannt werden, macht es Rednern schwer, ihre Rede zuhörfreundlich zu gestalten.
Schauen wir auf die andere Seite: eine Rede, in der eine Handvoll wichtige Punkte ausgeführt werden, aufeinander aufbauend, ohne Hetze, mit der Möglichkeit die gehörten Gedanken kurz wirken zu lassen.
Eine Rede, nach der wir uns satt, jedoch nicht überessen fühlen, klare Gedanken im Kopf haben, Lust darauf haben, auf dem Thema weiter herum zu denken, die Kernsätze im Ohr haben und spüren, wie angeregt wir uns fühlen.
Dieser Redner hat uns etwas gegeben, das wir nehmen konnten. Diese Gedanken werden in uns weiterarbeiten, Wirkung entfalten und den Redner als angenehm und anregend im Gedächtnis behalten.
Wie lässt sich das erreichen?
Bei einer guten Rede spielen viele Punkte eine Rolle, unterschätzt wird dabei die Kraft der Pausen. Lassen Sie Raum nach wichtigen Sätzen. Schaffen Sie Momente für Wirkung.
Solang jemand unsicher ist beim öffentlichen Reden, werden Pausen als unangenehm erlebt. Lenken Sie Ihren Fokus in diesen Momenten auf die Wirkung die Sie erzielen wollen und weg davon, dass eine Pause in Ihrem Redefluss bedeuten könnte, Ihnen fiele nichts mehr ein.
Die gute Macht des Redners
Eine Pause versammelt die Aufmerksamkeit Ihres Publikums neu. Sie können durch eine kurze Auszeit die Energie im Raum bündeln. Das ist ein Teil der guten Macht, die Sie als jemand haben, der vor einer Gruppe steht.
Und das ist ein Teil Ihres Jobs, den Sie als Referent haben. Sie haben eine bestimmte Aufgabe, möchten Wissen vermitteln, zum Umdenken anregen, zu einer Handlung motivieren, überzeugen. Um das zu erreichen, sollten Sie den Fokus Ihrer Zuhörerschaft lenken. Durch Ihre Rede, zu wichtigen Gedanken bis zu einem Ziel. All das können Sie mit den richtig gesetzten Pausen unterstützen.
Oft werde ich an dieser Stelle gefragt: “Wie lang soll eine Pause sein?” die Antwort darauf ist einfach: “So lang wie ein tiefer Atemzug. Als Hilfe können Sie innerlich 21, 22, 23 zählen.” Und wenn Sie mutig sind, zählen Sie sogar bis 25.
Es gibt einen Punkt, an dem die Länge der Pause für Unruhe sorgen wird und dann hat sie zulange gedauert. Doch so lang halten die Wenigsten durch Es ist schwer genug anfangs daran zu denken immer wieder mal inne zuhalten für einen Atemzug und eine Pause zu machen.
Pausen muss man üben
Üben Sie es wieder und wieder und Sie werden die Kraft aushalten lernen, die darin liegt. Denn das ist es, was wir an Pausen erleben. Die Lenkungskraft die wir plötzlich über das Publikum haben. Hier fällt sie besonders auf.
Behalten Sie im Kopf, dass Sie Ihrer Zuhörerschar etwas geben wollen. Es geht nicht um Sie als Redner*in, sondern um diejenigen die Ihnen Gehör schenken. In gewisser Weise sind Sie ein Lehrer und lenken dorthin, wo es etwas zu entdecken gibt.
Pausen helfen, um das Entdeckte richtig wahrzunehmen.
Wenn Sie beginnen, Pausen in Ihrer Rede bewusst einzubauen, starten Sie damit, dass Sie in Ihren Notizen kennzeichnen, wann ein wichtiger Absatz zu Ende ist, ein in sich geschlossener Argumentationskreis endet, ein zentrales Statement zu hören war. Üben Sie diesen Teil und den Übergang zum nächsten. Machen Sie an der gekennzeichneten Stelle eine bewusste Pause.
Steht Ihnen ein Rednerpult o.ä. zur Verfügung, stellen Sie dort ein Glas Wasser hin. Sie können zu Beginn als Hilfsmittel an diesen Stellen einen Schluck trinken. Damit entsteht eine natürliche Pause, was ein Anfang ist. Und Sie können beginnen sich hineinzufühlen in die Situation, Ihre Stimme einen Moment ruhen zu lassen.
Je öfter Sie bewusst die Pause als Mittel einsetzen um Raum für die Gedanken Ihrer Zuhörer*innen zu lassen umso sicherer werden Sie. Sie werden beginnen die Magie zu spüren, die damit verbunden ist.
Sprechen Sie insgesamt lieber über wenige und dafür zentrale Punkte, als Ihr Publikum mit Text voll zustopfen. Sie werden die veränderte Energie als etwas erleben, dass Ihren ZuhörerInnen beim Wachsen hilft. Beim Entwickeln und Wahrnehmen eigener Gedanken zum Gehörten und das macht Sie zu einem wertvollen Redner.
Wie geht es Ihnen mit dem Pausen machen?
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